Im Finanzwesen ist es wie im Sport. Wir lieben die Rivalitäten zwischen herausragenden Teams und Personen. Aus bloßen Fakten werden ganze Geschichten gesponnen, damit die Zahlen nicht so kalt und fremd wirken. Doch anders als Sport entscheiden die Zahlen im Finanzwesen über die Leben von Menschen.
Die Geschichte des modernen Finanzwesens besteht vor allem darin, dass es für den Zuschauer immer langweiliger wird. Das Finanzwesen sieht aus wie eine sehr rationale Angelegenheit, und es will dies auch sein. Um das Geld möglichst stark zu vermehren, misst und rechnet man mit dem Ziel der Maximierung. Der Trend geht wie überall im modernen Leben zu mehr Wissenschaft und weniger Instinkt.
Einst suchten Investoren nach herausragenden Fonds-Managern wegen deren Weisheit und Geselligkeit. Heute koppeln sie sich an einen Index. Einst bevölkerten wirkliche menschliche Trader die Parkette der Börsen, sie riefen und gestikulierten und aßen Cheeseburger zum Frühstück, erinnert der Finanznachrichtendienst Bloomberg. Heute machen Computer dieselbe Arbeit schneller und effizienter.
Einst kämpften Bank-Chefs um die Vorherrschaft in jedem Wirtschaftssektor. Heute sind sie bescheidener und konzentrieren sich auf die Sektoren, wo sie gut sind, und versuchen, möglichst geringe Strafen zu zahlen. Überall müssen freies Bauchgefühl und persönliches Charisma den Platz räumen für langweilige rationale Rechnungen.
Doch wenn man sich umblickt, übersieht man diesen Trend leicht. Trotz der langfristigen Evolution in Richtung Rationalität halten sich die persönlichen Dramen trotzdem. Das Fernsehen ist noch immer voller Geschrei, auch wenn die Börsen im Hintergrund ruhiger geworden sind.
Auf den Finanzmärkten gibt es noch immer herausragende Persönlichkeiten, die in heftigen Streitereien aneinandergeraten, die nicht immer sehr rational wirken. Diese Streits sind geblieben und sie haben auch vor dem Hintergrund zunehmender Rationalität ihre Faszination behalten.
- Trian versus DuPont
- Carl Icahn versus Dell
- Bill Ackman versus Herbalife
- Carl Icahn versus Bill Ackman (im Artikel-Bild)
Daher übersieht man mitunter den anhaltenden Trend zu mehr Rationalität. Viele der härtesten Rivalitäten in der Finanzbranche finden dort statt, wo die Märkte weniger rational sind. Doch die Regeln sind verblüffend einfach: Wer das meiste Geld macht, gewinnt.
Bill Gross: Herausragende Fähigkeiten oder großes Glück?
Doch ganz so einfach ist es dann doch nicht. Man kann die Performance verschiedener Fonds-Manager vergleichen – aber über welchen Zeitraum? Wie kann man feststellen, ob der Kursanstieg nachhaltig ist oder ob zu viel Risiko im Spiel ist, das in der Zukunft durchschlagen wird? Wie soll man Fähigkeit von Glück unterscheiden?
Bill Gross ist nach vielen Maßstäben ein unglaublich erfolgreicher Anleihe-Manager. Aber nicht nach allen Maßstäben. Bill Gross hatte eine großartige Phase, doch dann stockte es in den letzten Jahren, bevor er im vergangenen Jahr Pimco verließ, um bei Janus einen viel kleineren Fonds zu managen, der vor allem aus seinem eigenen Geld besteht.
Zwar sind die Zahlen im Fall von Bill Gross eindeutig, doch was bedeuten sie? War er über Jahrzehnte brillant und hatte dann am Ende Pech? Oder hatte er über Jahrzehnte Glück und scheiterte dann er am Ende? Waren seine Fähigkeiten für ein bestimmtes Marktumfeld geeignet und dann irgendwann überholt?
Die Rivalitäten der Finanzbranche erinnern an die Rivalitäten im Sport. Es gibt Gewinner und Verlierer und es gibt Statistiken. Wenn man wissen will, ob das eigene Team besser ist als die Gegner, kann man nur die aktuellen Statistiken studieren.
Doch so denkt niemand. Das Ergebnis eines Spiels wirkt zumindest für die Fans der unterlegenen Mannschaft unvorhergesehen. Selbst wenn das eigene Team ganz hinten in der Tabelle steht, liegt das am vorübergehenden Glück der anderen oder daran, dass die anderen geschummelt haben. Auf jeden Fall haben die anderen Mannschaften nicht dieselbe Charakterstärke wie das eigene Team.
Der Sinn von Rivalitäten in der Wirtschaft wie im Sport besteht darin, Zahlen mit Geschichten zu versehen. Auf diese Weise wird die abstrakte Welt der Profite und Prozentbewegungen in eine menschliche Geschichte mit lebendigen Charakteren und aufregenden Entwicklungen umgewandelt.
Doch anders als im Sport sind in der Wirtschaft die bloßen Fakten wichtiger als die Geschichten, die darauf aufgebaut werden. Die Zahlen werden nicht durch ein Spiel erzeugt, und sie haben ernsthafte Folgen für die Menschen. So verwalten etwa BlackRock und Blackstone viele Milliarden Dollar in Renten- und Pensions-Fonds.
Doch gerade darum wollen wir ja menschliche Geschichten. Wir wollen sie, weil sie einer Welt, die sich kalt und fremd anfühlt, einen Sinn geben. Mag die Welt laut einem mathematischen Beweis rational sein, sie fühlt sich nicht immer so an. Computer-Trading oder Robo-Trading ist schnell, billig und logisch. Doch für die Menschen fühlt es sich fremd an und nicht geheuer.
Das war schon heftig zwischen Icahn und Ackman. Jetzt haben sie sich versöhnt, aber am Ende kann bei Herbalife nur einer gewinnen. Ich setze alles auf Ackman.
Comments are closed.