Um der deutschen Abgeltungssteuer von 25 Prozent oder der EU-Zinssteuer von 35 Prozent zu entgehen, ist es nicht nötig, seinen Wohnsitz in eine Steueroase zu verlegen. Es genügt, eine Firma auf der Karibikinsel Curaçao zu gründen. Der deutsche Anteilseigner bekommt alle Dividenden der Firma völlig steuerfrei auf sein Privatkonto nach Deutschland überwiesen.
Die Kapitalerträge der Bürger werden in Deutschland mit 25 Prozent Abgeltungssteuer belegt. Und seit dem 1. Juli 2011 werden Zinseinkünfte mit 35 Prozent besteuert, die er im EU-Ausland erhält sowie in der Schweiz, im Fürstentum Liechtenstein, in San Marino, in Andorra, auf den britischen Kanalinseln, in den französischen Überseedepartments und auf den niederländischen Karibikinseln.
Das Finanzamt aus dem Land der Bank behält davon ein Viertel und überweist drei Viertel an das Heimatfinanzamt des Kontoinhabers mit dessen Name und Anschrift. In der Regel führen die Banken die einbehaltene EU-Zinssteuer direkt an die Finanzämter der Länder ab, wo sich die Banken befinden. Dabei geben sie auch Kontonummer, Name und Anschrift des Kontoinhabers preis.
Nur die EU-Länder Belgien, Luxemburg und Österreich sowie die Nicht-EU-Länder Schweiz und Liechtenstein weigern sich noch, bei der Steuerabführung auch personenbezogene Daten herauszugeben. Sie überweisen den Heimatländern völlig anonym die einbehaltene EU-Zinssteuer.
Doch die Anonymität der fünf Länder ist scheinheilig. Erstens wird dem zuständigen Heimatfinanzamt des Ausländers jede Kontoeröffnung gemeldet, wenn ein Ausländer ein Konto eröffnet, ohne dass er einen Wohnsitz in dem jeweiligen Land vorweisen kann.
Zweitens haben die fünf Länder mit Deutschland ein gültiges Steuerauskunftsabkommen abgeschlossen, das schon bei einfacher Steuerhinterziehung in Deutschland (notwendig sind eine Anfrage und ein begründeter Verdacht) beim Aufspüren von Konten in den Ländern Amts- und Rechtshilfe gewährt. Und das, obwohl zum Beispiel eine einfache Steuerhinterziehung in der Schweiz und im Großherzogtum Luxemburg gar keine Straftat darstellt.
Obwohl nun bis auf die fünf anonymen Zinssteuer-Abführer alle anderen genannten Staaten bereits automatisch Kontrollmitteilungen über Kapitalerträge und Spekulationsgeschäfte melden, hat Deutschland mit den meisten von ihnen auch noch Auskünfte und Rechtshilfe für deutsche Steuerfahnder vereinbart.
Diese Auskunftsabkommen, die bei Verdacht auf einfache Steuerhinterziehung in Deutschland greifen, bestehen neben Belgien, Luxemburg, Österreich, Schweiz und Liechtenstein auch noch mit Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Lettland, Litauen, den Niederlanden einschließlich dem Bundesland Curaçao, Ungarn, Spanien, Gibraltar, Andorra, Jersey, Monaco, Anguilla, Ägypten, Bahamas, den Britischen Jungferninseln, Commonwealth Dominic, Guernsey, Isle of Man, Cayman Islands, Sankt Vincent und den Grenadinen, den Turks- und Caicosinseln, den Niederländischen Antillen, Barbados und selbst mit Singapur, Hongkong und Macao.
Nun könnte man sich ja ein Privatkonto auch außerhalb aller genannten Länder zulegen. Von so einem Auslandskonto würden die BaFin und der Fiskus niemals etwas erfahren.
Problematisch wird es nur, wenn man von dem einheitlichen europäischen Zahlungsraum SEPA aus (Single Euro Payments Area, 27 EU-Länder plus Schweiz, Liechtenstein, Monaco, Norwegen und Island) eine Überweisung vornimmt. Alle Überweisungen ab 15.000 Euro müssen von den Banken gemeldet werden. Und will man das Geld physisch außer Landes schaffen, muss die Mitführung ab 10.000 Euro an den EU-Grenzen beim Zoll deklariert werden.
Wie kann man nun aber der deutschen Abgeltungssteuer von 25 Prozent oder der Überweisung der europäischen Zinssteuer von 35 Prozent entgehen? Dafür gibt es zwei effiziente Möglichkeiten:
Erstens: Man wechselt den Wohnsitz und das Bankkonto in eine Null-Einkommensteueroase für natürliche Personen wie die Vereinigten Arabischen Emirate, Andorra, Bahamas, Cayman Island oder Vanuatu. Dann ist man nur dort steuerpflichtig.
Es geht aber auch etwas näher: Wer seinen Hauptwohnsitz nach Großbritannien oder Belgien verlegt und sich in Deutschland weniger als 183 Tage aufhält, der kann ganz offen und legal ein Konto in Liechtenstein, der Schweiz oder auf den Cayman Islands führen. Wer in Belgien als Expatriate anerkannt ist, muss seine ausländischen Einkünfte nicht einmal angeben.
In Großbritannien sind für Non-Doms nur die Einkünfte zu besteuern, die nach Großbritannien transferiert werden. Wer es auf sich nimmt, 180 Tage im Jahr in Monte Carlo zu verbringen, braucht überhaupt keine Steuern zu bezahlen.
Zweitens: Man ändert seinen Status von einer Privatperson zu einer juristischen Person. Und die eröffnet dann im Ausland ein Konto. Dieses Konto wird dann weder dem Fiskus gemeldet, noch werden davon EU-Zinsen einbehalten und abgeführt.
Handelt es sich um eine Firma, die das Auslandskonto eröffnet und darauf Einnahmen erhält, erwartet der deutsche Gesetzgeber allerdings von seinem Steuerzahler, dass er diese Firma selbst verrät. In den Mitteilungen zur steuerlichen Erfassung von Auslandsbeteiligungen nach § 138 Absatz 2 AO (Abgabenordnung) heißt es:
„Steuerpflichtige mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt, Geschäftsleitung oder Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben dem nach den §§ 18 bis 20 AO zuständigen Finanzamt nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck folgendes mitzuteilen:
1. Die Gründung und den Erwerb von Betrieben und Betriebsstätten im Ausland;
2. Die Beteiligung an ausländischen Personengesellschaften oder deren Aufgabe oder Änderung;
3. Den Erwerb von Beteiligungen an einer Körperschaft, Personenvereinigung und Vermögensmassen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nummer 1 des Körperschaftsteuergesetzes, wenn sie damit unmittelbar mindestens zu 10 v.H. oder mittelbar mindestens zu 25 v.H. am Kapital oder Vermögen dieser Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse beteiligt sind oder die Summe der Anschaffungskosten aller Ihrer Beteiligungen mehr als 150.000 Euro beträgt.
Die Mitteilung ist innerhalb von fünf Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu erstatten, in dem das meldepflichtige Ereignis eingetreten ist.“
Ist die Firma erst mal gemeldet, holt sich das Finanzamt den vollen Einblick ins Konto, indem das Finanzamt den Steuerpflichtigen mit Steuerschätzungen zur Kasse bittet. Entweder der Steuerpflichtige bezahlt die überhöhte Steuer oder er beweist anhand der Firmenbilanz und der Kontobewegungen, dass er gar keine Gewinne erzielt hat (Beweislastumkehr). Dennoch bleibt der theoretische Grundsatz: Was niemand weiß, macht auch niemanden heiß.
Ausländische Lebensversicherer sind außen vor
Eine andere Sorte juristischer Personen sind ausländische Lebens- und Rentenversicherungen, die zum Beispiel in Beteiligungen und Risikofonds investieren. Die Raiffeisenbank Kleinwalsertal, die sich jetzt Walser Privatbank nennt, bietet zum Beispiel alternative Vorsorge-Konstrukte, die von der EU-Zinssteuer befreit sind. In der Periode der Laufzeit sind alle Zinsen, Dividenden und Kursgewinne, die die Lebensversicherung macht, steuerfrei. Erst bei Auszahlung der Versicherung am Ende der Laufzeit würde die Abgeltungssteuer von 25 Prozent fällig werden. Dem Sparer wird geraten, kurz vor dem Termin dann doch mal kurz seinen Wohnsitz zu wechseln.
Steuertrick: Die Firma in Curaçao
Überhaupt niemals Umziehen muss man bei diesem Trick: Im folgenden Fall muss man niemals umziehen, braucht nicht einmal auf sein deutsches Konto bei seiner Hausbank zu verzichten und muss dennoch keine Abgeltungssteuern befürchten.
Man gründet oder beteiligt sich an einer Firma in Curaçao, einer karibischen Insel vor der Küste Venezuelas an, die seit 10. Oktober 2010 ein eigenständiges Bundesland innerhalb des Königreiches der Niederlande (Holland) ist und davor zu den niederländischen Antillen gehörte. Eine Gründung dauert in der Regel zwei Werktage.
Die Firma in Curaçao zahlt nur 2 Prozent Steuern (in Deutschland wären rund 30 Prozent fällig – 15 Prozent Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer nach Hebesatz des Bundeslandes). Und der deutsche Anteilseigner bekommt alle Dividenden der Firma völlig steuerfrei nach Deutschland überwiesen. Da zwischen den Niederlanden (Holland) und Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, ist der Steuersatz in Deutschland gleich Null.
Allerdings wurde in Berlin am 12. April 2012 ein neues Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande unterschrieben, das im Januar 2014 in Kraft tritt.
In dem neuen DBA heißt es im Artikel 10 über die Besteuerung von Dividenden:
„(1) Dividenden, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt, können im anderen Staat besteuert werden.“
In den Erläuterungen des Vertrages, zugleich Bestandteil des DBA, heißt es im Abschnitt IX zu Artikel 10 (Dividenden) und Artikel 11 (Zinsen), dass die Dividendenbesteuerung und die Zinsbesteuerung in Deutschland entfällt, wenn die Dividende in Curaçao aus Gewinnen oder die Zinsen aus einem partiarischen Darlehen (Beteiligungsdarlehen) stammen:
Ungeachtet der Artikel 10 und 11 können Dividenden und Zinsen in dem Vertragsstaat, aus dem sie stammen, nach dem Recht dieses Staates besteuert werden, wenn sie
a) auf Rechten oder Forderungen mit Gewinnbeteiligung, einschließlich der Einkünfte eines stillen Gesellschafters aus seiner Beteiligung als stiller Gesellschafter oder der Einkünfte aus partiarischen Darlehen oder Gewinnobligationen im Sinne des Steuerrechts der Bundesrepublik Deutschland, beruhen und
b) bei der Ermittlung der Gewinne des Schuldners dieser Einkünfte abzugsfähig sind.
Nach dem neuen DBA müssen dann erstmals auf Dividenden aus Curaçao in Deutschland Steuern gezahlt werden, wenn die Dividenden nicht aus Gewinnen stammen.
Besitzt der Anteilseigner darüber hinaus auch noch eine deutsche Firma (GmbH), die mit der Firma in Curaçao verbunden ist, erhält die GmbH ebenfalls eine steuerfreie Dividende. Und zwar nach der EU-Mutter-Tochter-Regelung, die alle Gewinnausschüttungen zwischen verbundenen Gesellschaften verschiedener Mitgliedsstaaten von der Quellensteuer befreit. Curaçao ist schließlich EU-Gebiet. Eine Doppelbesteuerung von Gewinnen, die eine Tochter an eine Mutter oder umgekehrt auszahlt, wird allein durch die EU-Mutter-Tochter-Regelung unterbunden (also unabhängig vom außerdem noch besehenden Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Holland).
Aber auch nach dem neuen DBA sind Gewinnausschüttungen aus Holland (einschließlich Curaçao) an Personen (natürliche und juristische) in Deutschland von der Steuer ausgenommen, weil sie in Curaçao zu besteuern sind. Und Curaçao erhebt auf Dividenden an ausländische Anteilseigner keine Steuern.
Seit 2001 gilt für Unternehmen, die sich in der so genannten E-Zone von Curaçao ansiedeln, dieser Steuersatz. Er ist bis 2026 festgeschrieben. An diesem E-Zonen-Unternehmen muss man sich als deutscher Privatmann oder als deutsche Firma zu mindestens 10 Prozent beteiligt haben. Curaçao bietet so den Vorteil einer echten, legalen Steueroase in der EU mit deutschem Konto.