Ab 2012 zahlt man im deutschsprachigen Schweizer Kanton Luzern nur noch 3 Prozent Gewinnsteuer. Der Urheber der radikalen Steuersenkung, der Luzerner Finanzdirektor Marcel Schwerzmann, ärgert seine Nachbarkantone schon seit Jahren mit Abwerbe-Aktionen der dort angesiedelten Unternehmen.
Wem das Null-Steuer-Paradies Panama als Firmensitz zu weit ist und wer bereit ist, wenigstens ein paar Prozente Gewinnsteuern für sein Unternehmen zu bezahlen, der sollte die nahegelegene Schweiz als Standort für eine Verwaltungsgesellschaft wählen, die all seine Geschäfte auf dem Papier von der Schweiz aus leitet.
Unter den 26 Kantonen ist geradezu ein Rallye entbrannt, wer für diese Firmen die niedrigsten Unternehmenssteuern auf kantonaler oder lokaler Ebene anzubieten hat (die Schweizer Bundesgewinnsteuer von 8,5 Prozent entfällt für Domizilgesellschaften):
Noch hat der Kanton Zug mit lediglich 4 Prozent Gewinnsteuer die Nase vorn. Das ist aber schon in einem halben Jahr vorbei. Dann heißt der Steueroasengewinner Luzern.
Der deutschsprachige Nachbar-Kanton Luzern in der Schweizer Landesmitte hat beschlossen, ab Januar 2012 die Gewinnsteuer auf die Schweizer Rekordniedrigmarke von 3 Prozent zu senken.
Regelrecht lahm wirkt dagegen die Steuerreform im französischsprachigen Kanton Neuenburg, der innerhalb der nächsten fünf Jahre die Gewinnsteuer von 10 auf 5 Prozent senken wird.
Zum Vergleich: In Deutschland zahlen Unternehmen eine Körperschaftssteuer von 15 Prozent plus 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag und, weltweit einmalig, noch eine Gewerbesteuer in Abhängigkeit vom Hebesatz der Gemeinden.
Bei einem durchschnittlichen Hebesatz von 450 Prozent werden noch einmal 15,75 Prozent für die Gemeinde fällig (nach einem Freibetrag der Gewerbeeinnahmen von 24.500 Euro). Summa summarum im deutschen Durchschnitt 36,25 Prozent.
So günstig Neuenburg mit seinen künftig 5 Prozent im Vergleich zu Deutschland ist, so ungünstig ist es im Vergleich zu allen anderen Schweizer Kantonen. Neuenburg hebt als erster Kanton die Sondersteuerbefreiung für ausländische Unternehmen auf, die sich nach der Uhrenindustriekrise in den 1970er Jahren dort niedergelassen haben.
In allen anderen Kantonen bleibt dieses Null-Steuerprivileg für diese altniedergelassenen Unternehmen auch künftig erhalten. Bislang jedenfalls. Und in Luzern wohl ziemlich sicher.
Luzern trommelt und gewinnt
Luzern kämpft um jedes alteingesessene Unternehmen und trommelt schon seit drei Jahren wie kein zweiter Kanton für den Zuzug weiterer Unternehmen. Mit Erfolg. Laut dem Schweizer Wirtschaftsauskunftsdienst Moneyhouse wurden seit 2008 per 17. Juni 2011 im Kanton Luzern 4.986 Firmen neu gegründet.
Mehr als 45 Prozent dieser Neugründungen sind so genannte Briefkasten-Domizilfirmen, Holdings und Verwaltungsgesellschaften, die in der Regel kein Personal beschäftigen und nur mit einem Namensschild am Briefkasten präsent sind. Der Standort der Briefkasten-Firma in der Schweiz dient der Steueroptimierung.
Die drei beliebtesten Adressen hierfür sind die Obergrundstraße 17 mit 313 Firmen, Matthofstrand 8 mit 50 Firmen, Pilatusstraße 38 mit 43 Firmen, Haldenstraße 4 mit 39 Firmen und die Töpferstraße 5 mit 37 Firmen. Gewinner sind vor allem Steuerberater und Treuhänder.
Für Briefkasten, Postweiterleitung und den Telefonservice verlangen die Treuhänder und Anwälte laut Moneyhouse zwischen 2.065 und 8.300 Euro pro Jahr, je nach Umfang und Anbieter. Meistens kommt noch ein Verwaltungsratssitz oder die Übernahme der Geschäftsführung sowie das Ausfüllen der Steuererklärung dazu, was den Treuhandfirmen erneut 16.500 Euro jährlich in die Kasse spült.
Der Vater der radikalen Steuersenkung in Luzern, der Luzerner Finanzdirektor Marcel Schwerzmann, ärgert seine Nachbarkantone schon seit fünf Jahren mit Abwerbe-Aktionen der dort angesiedelten Firmen.
Allein im vergangenen Jahr verschickte Schwerzmann persönlich 2.500 Briefe an Firmen außerhalb des Kantons und machte darauf aufmerksam, dass sie bei einem Umzug Steuern sparen können. So lockte der Kanton Luzern in den letzten fünf Jahren 291 Firmen aus dem Kanton Zug nach Luzern, 131 aus Zürich, 111 aus Nidwalden, 89 aus dem Aargau, 74 aus Schwyz und 70 aus Obwalden.
Die Steuersenkung haben die Luzerner im Jahre 2009 gefasst. Nach der Abstimmung hatte Schwermann gesagt: „Der Sinn einer Steuersenkung ist es schließlich, dass man im Endeffekt mehr Geld einnimmt.“
Die drei größten Firmen im Luzerner Handelsregister sind im Augenblick der Grundstücksmakler Schindler Management AG mit 1.500 Mitarbeitern, die Beteiligungsholding Schmolz-Birkenbach AG mit einem Netzwerk von 144 Firmen und 1.000 Mitarbeitern sowie die Rehaklinik Schweizer Paraplegiker-Zentrum Nottwill AG mit ebenfalls 1.000 Mitarbeitern.
Holdingprivileg, Domizilgesellschaften oder Tax Holidays sind nur einige von vielen Steuersparmodellen, von denen Sie wahrscheinlich auch schon mal gehört haben. Aber was steckt dahinter und wie funktionieren sie? Moneyhouse gibt dazu folgenden Überblick:
Holding
Eine Holding kann eine GmbH oder AG sein, die ihren Sitz in der Schweiz hat. Damit die Gesellschaft das steuerlich interessante Domizil- beziehungsweise Holdingprivileg beantragen kann, darf sie in der Schweiz nur eine Verwaltungs-, aber keine Geschäftstätigkeit ausüben, kein Personal beschäftigen und keine eigenen Büros unterhalten.
Eine Gesellschaft, die in der Schweiz das Domizilprivileg erlangt, zahlt auf kantonaler Ebene keine Gewinnsteuern und auf Bundesebene nur eine reduzierte Gewinnsteuer von 8,5 Prozent. Falls die Firma ausschließlich Beteiligungen verwaltet, kann sie auf Bundesebene zudem den Beteiligungsabzug geltend machen, wodurch sich die Besteuerung des Gewinns bis gegen Null verringern kann (wenn der Nettoertrag aus den Beteiligungen mit dem Reingewinn übereinstimmt).
Verwaltungsgesellschaft als Gemischte Gesellschaft
Eine „gemischte“ Gesellschaft kann zum Beispiel zum Wareneinkauf oder -verkauf gegründet werden. In Frage kommen alle gängigen Rechtsformen mit Ausnahme der Einzelfirma. Vorausgesetzt wird, dass die Geschäftstätigkeit überwiegend (mindestens 80 Prozent) im Ausland erfolgt und die Firma in der Schweiz keine eigenen Produktions- und Gewerbetätigkeiten ausübt.
Die im Ausland erzielten Erträge werden nach der Anzahl der im Ausland beschäftigten Mitarbeiter besteuert. Beschäftigt zum Beispiel eine Firma im Ausland sechs bis zehn Mitarbeiter, werden lediglich 15 Prozent der Erträge besteuert und zwar mit einem Gewinnsteuersatz von 4 Prozent bis 82.586 Euro (im Kanton Zug) und mit 7 Prozent darüber hinaus (ebenfalls im Kanton Zug).
Verwaltungsgesellschaft als Domizilgesellschaft
Sie üben in der Schweiz eine Verwaltungstätigkeit und keine Geschäftstätigkeit aus. Als Verwaltungstätigkeit gilt das Verwalten des eigenen Vermögens, Vermittlung von Know-how sowie Fakturierung und Inkasso. Sie verfügen in der Schweiz über keinen oder nur einen sehr geringen Personalbestand. Diese Gesellschaften können eine Geschäftstätigkeit im Ausland ausüben, und wenn kein wesentlicher Bezug zum schweizerischen Markt besteht, so genannte Ausland/Ausland-Geschäfte tätigen.
Die Kantone gewähren diesen Gesellschaften eine Sonderbehandlung. Beteiligungserträge sowie Kapital- und Aufwertungsgewinne auf Beteiligungen sind steuerfrei. Die Einkünfte aus dem Ausland werden anteilsmäßig, mit einer Quote von 5 Prozent (für Gesellschaften ohne Personal und ohne Infrastruktur), ordentlich besteuert. Auf Bundesebene genießen diese Gesellschaften keine besondere Besteuerung. Der Beteiligungsabzug kann beansprucht werden.
Tax Holidays
Bei Neuansiedlungen von Firmen in ländlichen Gebieten, die unter anderem viele neue Arbeitsplätze schaffen, können Firmen von Steuererleichterungen auf Kantons- und Bundesebene profitieren (bis zu 100 Prozent möglich im Zeitraum von fünf bis zehn Jahren). Die Steuererleichterungen sind an zahlreiche Voraussetzungen geknüpft und werden individuell ausgehandelt.