Die klassische Lebensversicherung steht vor dem Aus. Über viele Jahrzehnte bewegte sich der sogenannte Garantiezins zwischen 3 und 4 Prozent. Aktuell liegt er noch bei 1,25 Prozent. Und zum 1. Januar 2017 soll er sogar auf nur noch 0,9 Prozent sinken.
Millionen Deutsche haben ihre gesamte private Altersvorsorge auf die Versprechen der Lebensversicherer aufgebaut. Und die Politik sagt, dass diese Versprechen nicht gebrochen werden sollen Doch die stetig sinkenden Zinsen an den Kapitalmärkten haben die Lebensversicherer in Bedrängnis gebracht.
Neukunden müssen sich ab dem kommenden Jahr womöglich mit einem Garantiezins in Höhe von 0,9 Prozent zufrieden geben. Diesen Vorschlag hat das Bundesfinanzministerium unterbreitet, berichtet DIE WELT.
Statistisch hat jeder mindestens eine Lebensversicherung
Die Lebensversicherung ist eines der beliebtesten Finanzprodukte der Deutschen. Mehr als 92 Millionen Policen stehen aus. Nur Immobilien und Tagesgeldkonten können es mit der Lebensversicherung aufnehmen.
Der Kunde muss sich bei einer Lebensversicherung um nichts kümmern. Der Versicherer legt sein Geld an den Kapitalmärkten an und garantiert ihm eine Mindestverzinsung, die höher liegt als die Inflation. Dieser vom Bundesfinanzministerium festgelegte Garantiezins gilt für jeden Versicherer.
Der Verbraucher konnte sicher sein, dass er am Ende mehr Geld herausbekommt, als er eingezahlt hatte. Manche Anbieter konnten sogar zusätzlich noch eine Überschussbeteiligung an ihre Kunden ausschütten.
Doch wegen der extrem niedrigen Zinsen sind die Garantien eine Belastung für die Versicherer. Um sich mehr Freiraum zu verschaffen, drängen große Anbieter wie Allianz, Ergo und Axa ihre Kunden in Produkte mit niedrigeren Versprechen. Andere Versicherer hingegen verkaufen weiterhin die klassischen Lebensversicherungen mit festem Garantiezins.
LV mit 0,9 Prozent nicht mehr attraktiv
Ein Sprecher des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft sagte: „Die vom BMF zur Diskussion gestellte Absenkung des Höchstrechnungszinses von 1,25 Prozent auf 0,9 Prozent ist zu weitgehend.“
Denn die Absenkung macht die Lebensversicherung sehr unattraktiv für Kunden. Die Deutschen erhalten praktisch einen Anreiz dafür, nach alternativen Möglichkeiten der Altersvorsorge zu prüfen, etwa einen Fondssparplan oder Edelmetalle.
Im Branchendurchschnitt erzielten die Lebensversicherer bei der Neuanlage im Jahr 2015 eine Verzinsung von mehr als 2 Prozent. Zudem wäre eine Absenkung des Garantiezinses zum 1. Januar 2017 zu kurzfristig, denn die Unternehmen müssten ihre Produkte neu kalkulieren.
Viele Kunden erhalten schon heute weniger Geld zurück, als sie eingezahlt haben. Durch die Kombination aus hohen Verwaltungskosten, einem aufwendigem Versicherungsschutz und den niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt bleibt am Ende oft weniger als versprochen übrig.