Als Journalist in Cannes hat man es nicht leicht, gerade wenn man für kleine Magazine oder Onlinejournale schreibt. Die sind in der Nahrungskette ganz weit unten. Je nachdem, wie wertvoll man für das Festival ist, werden einem viele Türen versperrt, manchmal aber auch welche geöffnet.
Das Klassensystem in Frankreich
In der französischen Kultur wird man immer noch sehr stark nach seinem Beruf und der damit verbundenen Macht beurteilt. Das sieht man auch in den teuren Hotels oder den exklusiven Restaurants in Cannes. Eingänge werden immer mit mehreren Türstehern in schwarzen Anzügen und Sonnenbrille bewacht. Sie sehen sofort ob man Geld hat und lassen einen entweder sofort, oder niemals in die Lokalität. Etwas Respekt muss man ihnen aber zollen: trotz der prallen Sonne merken sie sich jedes Gesicht und bieten, für die Ausgewählten, einen exzellenten Service.
So ähnlich ist es auch im Innern des Festivals. Bereits bei der Registrierung als Journalist muss man angeben, wie viele Menschen man erreicht und ob man ein Druck- oder Online-Magazin ist. In Cannes kann man seine Akkreditierung abholen und word dann erst erfahren, welche Ausweiskategorie man hat.
Was kann man als Journalist in Cannes alles machen?
Je nach Interesse des Einzelnen kann man in Cannes theoretisch von morgens bis nachts beschäftigt sein. Jeden Tag laufen ungefähr fünf bis sechs Premiervorstellungen im offiziellen Programm. Daneben gibt es noch mehrere Unterkategorien und parallele Filmvorstellungen. Mehr als fünf Filme schafft aber kaum einer.
Wem das nicht reicht, kann Pressekonferenzen und Fototermine besuchen, bei denen die Stars und Filmemacher ihre Kunst vorstellen, und den Reportern Rede und Antwort stehen. Diese Events finden meistens nach der ersten Vorstellung ihres Films statt.
Man kann die Filmemacher auch in persönlichen Gesprächen interviewen. Oft bekommt man 10-20 Minuten Zeit, um seine Fragen zustellen.
Außerdem hat jedes Land einen so gennanten „Pavillon“ in Cannes. Hier kommen wichtige Persönlichkeiten aus den nationalen Filmbranchen und reden über die aktuellen Projekte im eigenen Land. Oft dienen diese Events zur Akquirierung von Kapital von ausländischen Investoren. Als Journalist in Cannes kann man in diesem Sinne zum Beispiel den Minister von Thailand über die Zukunft der Filmbranche in dessen Land interviewen.
Das waren jetzt die offiziellen Events in Cannes. Abgesehen von filmbezogener Berichterstattung bleiben dem Journalist in Cannes ungefähr eine Milliarde (bildlich gesprochen) zusätzliche Möglichkeiten, einen Bericht zu verfassen. Von Lifestyle über Stars, von Werbung bis Sponsoring, in Cannes ist alles möglich.
Journalist in Cannes: Von Gelb bis Weiß
In dem Klassensystem des Festivals muss man sich als Journalist hocharbeiten – von gelb zu pink. Jeder Presseausweis, den man ausgestellt bekommt, hat eine Farbe. Diese entscheidet über die Freiheiten die man während des Festivals bekommt.
Wer das erste mal in Cannes ist, wird um die so gehasste gelbe Farbe auf seinem Batch nicht herum kommen. Gelb ist die unterste Klasse in Cannes und hat die wenigsten Rechte. Die so gennanten „Rookies“ teilen sich diese Batch-Kategorie mit kleinen Magazinen und Onlinejournals.
Mit der gelben Karte kommt man trotzdem in fast alle Filmvorstellung rein. Sonst aber nichts. Das begrenzt sich aber auf Pressevorstellungen, die in den zweitrangigen Kinos gezeigt werden. Wichtige Filme sind allerdings manchmal für die „wichtigen Journalisten“ reserviert.
Auch wenn die gelben Journalisten immer neidisch auf die blauen schauen – eigentlich bringt dieses Upgrade nicht viel. Man wird lediglich eher in Kino gelassen. Es kann also sein, dass 30 gelbe Journalisten seit 30 Minuten auf den Einlass warten, und ein blauer Journalist in der letzten Minute an allen vorbei gewunken wird.
Gelb und Blau wird der Zugang zum roten Teppich meistens verwehrt. Dafür sollte man schon einen pinken oder weißen Batch haben. Die pinken haben oft ihren eigenen Einlass vor den Kinos; sie werden durchgewunken und stehen nur selten in einer Schlange an. Pinke Journalisten sieht man selten, denn sie sind oft mit Interviews und Meetings beschäftigt. Diese können sich auch ohne Weiteres Tickets für den roten Teppich holen.
Jeder hätte gerne einen weißen Batch in Cannes – mehr VIP geht nicht. Der Hollywoodreporter, Journalisten von Screen und Variety haben unteranderem eine weiße Karte. Selbst bei limitierten Plätzen in der Pressekonferenz mit George Clooney und Julia Roberts haben die weißen einen VIP Eingang, der durch zwei Türsteher bewacht wird. Im Kino haben die weißen auch eine reservierte Reihe in der Loge, die immer von hübschen Damen des Festivals beschützt werden.