Late-Night-Moderator John Oliver ist dafür bekannt, Gesellschaftskritik mit bissigem Humor zu verbinden. In einer aktuellen Folge seiner Show „Last Week Tonight“ nahm er sich das, besonders in den USA, heiß diskutierte Thema der Gesundheitsversorgung vor. Oliver wollte auf die steigende Zahl von US-Bürgern aufmerksam machen, die nicht mehr in der Lage sind, ihre offenen Arztrechnungen zu begleichen. Und er wollte aufzeigen, wie ein florierender Wirtschaftszweig mit diesen Schulden handelt.
„Der Ankauf von Schulden ist ein schmutziges Geschäft und muss dringend besser kontrolliert werden“, so der Late-Night-Moderatot in seiner Sendung. So wie der Markt aktuell gestaltet sei, könne „jeder Idiot“ ins Geschäft mit den Schulden einsteigen. „Und ich kann das beweisen, denn ich bin ein Idiot und wir haben eine Inkassofirma gegründet. Es war beunruhigend einfach.“
John Oliver kauft offene Arztschulden auf
Oliver gründete eine Firma namens Central Asset Recovery Professionals (kurz CARP, zu Deutsch: Karpfen). Der Name ist keineswegs zufällig gewählt, denn Karpfen ernähren sich hauptsächlich von am Boden lebenden Kleinlebewesen, eine Anspielung auf das Geschäftsmodell von Inkassofirmen. Außerdem seien die bürokratischen Hürden zur Gründung einer Inkassofirma niedriger, „als wenn man Fische aus einem See fangen wollte“, so der Moderator.
Anschließend kaufte er der Regierung offene Arztschulden im Wert von 15 Millionen Dollar ab und machte dabei ein echtes Schnäppchen. Der Preis lag bei gerade einmal 60.000 Dollar. Doch statt das Geld einzutreiben, erließ der Late-Show-Moderator den Schuldnern ihre Rechnungen. „Ich hätte legal meine Mitarbeiter bei diesen Menschen anrufen und ihr Leben auf den Kopf stellen lassen können, und das wegen Medizin-Schulden, die sie gar nicht mehr bezahlen mussten“, sagte Oliver in seiner Sendung „Last Week Tonight“. „Daran wäre überhaupt nichts falsch, außer der Tatsache, dass absolut alles daran falsch ist.“
Schuldenerlass durch Gläubigerverzicht
Stattdessen entschied sich John Oliver dazu, den 9.000 Amerikanern ihre Schulden zu erlassen. Er übertrug die Schulden der Nicht-Regierungsorganisation (NGO) RIP Medical Debt, die Geld für Aufkauf und Tilgung von Schulden mittelloser US-Bürger sammelt. Craig Antico, Chef von RIP Medical Debt, bedankte sich für die Aufmerksamkeit, die Oliver auf das Thema Arztschulden gelenkt hat. „Das ist absolut fabelhaft“, so Antico. „Das wirft ein Schlaglicht auf ein Problem, von dem wenige Menschen wissen.“
Die NGO berichtet, dass im Jahr 2014 rund 64 Millionen Amerikaner Probleme hatten, ihre medizinischen Rechnungen zu begleichen. Einer aus fünf US-Bürgern ist mit der Zahlung seiner medizinischen Rechnungen im Verzug. Etwa 15 Millionen US-Bürger müssten demnach ihre Ersparnisse für Gesundheitsversorgung aufbrauchen und mehr als 11 Millionen müssten zusätzliche Schulden aufnehmen, um ihre Arztrechnungen zahlen zu können. Ein Ende dieses Trends ist nicht in Sicht, im Gegenteil.
Seit der Reform des Gesundheitswesen und der Einführung des Affordable Care Acts (auch bekannt als „Obamacare“) durch Präsident Obama, steigen die Kosten der medizinischen Versorgung für den durchschnittlichen Amerikaner sogar noch weiter an, wie die Fiscal Times berichtet. Außerdem hätten Millionen Amerikaner, trotz gegenteiliger Versprechungen des US-Präsidenten, im Zuge der Reform ihre alte Krankenversicherung verloren. Deshalb werden für Millionen US-Bürger Inkassounternehmen, die offene Arztrechnungen eintreiben, weiterhin zum traurigen Alltag gehören.
Eine manchmal sehr schmutzige Grauzone am Kapitalmarkt ist das Geschäft mit dem Schuldenankauf, beziehungsweise Forderungsverkauf. Banken, und auch andere Institutionen, verkaufen ihre schwer einbringlichen Forderungen oft an mehr oder weniger dubiose Inkassobüros, die danach versuchen, auf wieder, mehr oder weniger eigenartige Art und Weise, zu ihrem Geld zu kommen.
Dieses Geschäft ist noch schmutziger, wenn man, so wie die USA es vor Jahren gemacht hat, nämlich, die Schulden in Fonds zu verpacken, und diese Fonds an europäische Banken und Unternehmen zu verkaufen.
Wie man sieht, geht es aber auch menschlicher.
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