Entscheidet die Attraktivität eines Schülers über seine Noten? Den meisten Menschen, Lehrer mit einbegriffen, ist die subtile Macht von Schönheit gar nicht bewusst. Wir handeln leider unbewusst zu Gunsten der hübschen Kinder.
Hübsche Kindern bekommen bessere Noten
Soziologe Ulrich Rosar untersucht gerade als einer der ersten deutschen Wissenschaftler die Auswirkungen von Schönheit im Klassenzimmer. „Den meisten Menschen ist gar nicht bewusst, wie sehr Schönheit sie beeinflusst. Auch Lehrern nicht.“ Nach seiner Überzeugung haben es hübsche Kinder auf jeder Ebene leichter. Sie finden schneller Freunde, bekommen die besseren Noten und kommen häufiger mit Unfug davon. Weniger attraktive Schüler müssen sich hingegen im Unterricht und bei Klausuren mehr anstrengen, so der Soziologe.
Stimmt das denn? Und wieso ist das so wichtig? Wir sind ein Land, dass sein Bildungssystem auf Chancengleichheit aufgebaut hat. Wenigstens in der Theorie. Wenn die gleiche Leistung unterschiedlich bewertet wird, schreit es nur nach einer Reform. Soziologe Rosar möchte deshalb Klassenarbeiten anonym benotet sehen.
Auch Helge Pepperling von der Lehrergewerkschaft in Hamburg findet diese Idee gut. Schüler könnten eine Nummer, anstatt ihren Namen, auf die Arbeiten schreiben. Somit würde der Lehrer unbeeinflusst und anonym bewerten können. Einfacher gesagt als getan.
Denn die Zuordnung der Nummern müsste von einer externen Person organisiert werden. Lehrer könnten außerdem immer noch die Handschrift der Schüler erkennen. Was übrig bleibt sind Klausuren am Computer, doch dafür sind unsere Schulen nicht gut genug ausgestattet, schreibt Der Spiegel.
Klausuren sind nicht alles
Bei der Bewertung von Klassenarbeiten fängt das Problem aber erst an. „Lernen und Lehren findet auch auf der Beziehungsebene statt. Es wäre deshalb falsch, die Bewertung nur auf schriftliche Klassenarbeiten und somit Fakten zu beschränken“, so der stellvertretende Vorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung Stefan Behlau.
Mündliche Noten und die Mitarbeit in der Klasse sind mindestens ebenso wichtig wie eine schriftliche Bewertung. Von Natur aus wirken gutaussehende Schüler nicht nur sozialer, sondern auch leistungsfähiger. Obwohl wir nicht bewusst nach Schönheit bewerten, so ist es das Unterbewusstsein, dass mit unserem Gehirn Spielchen spielt.
Das zeigt sich schon mit Babys. Eine Studie hat aufgezeigt, dass Mütter von attraktiven Babys mehr Zeit damit verbringen, ihre Kinder einfach nur anzuschauen. Mütter von unattraktiven Babys schauen es hingegen mehr aus notwendigen Gründen an. Zum Beispiel wenn es schreit, oder Aufmerksamkeit verlangt. Sogar Mütter sind von der unterbewussten Kraft nicht ausgeschlossen.
Unattraktive Menschen sehen sich sogar häufiger Mobbing ausgesetzt. „Ausgangspunkt der Forschung ist immer das Thema Diskriminierung,“ so Rosar. In den USA wurden solche Studien bereits in den Siebzigern durchgeführt.
Wer ist eigentlich „schön“?
Bei Mädchen gelten große Augen, ein zärtliches Kinn und eine kleine Nase als schön. Jungs brächten hingegen starke Wangenknochen und ein breites Lächeln. Unzählige Studien auf der ganzen Welt haben gezeigt, dass Schönheit und Attraktivität nicht subjektiv, sondern tatsächlich objektiv ist.
Rosar und seine Kollegen haben bereits 2012 die Beziehung zwischen Schönheit und Noten untersucht. Zuerst wurde das Aussehen von 77 Gymnasiasten von 24 unabhängigen Erwachsenen bewertet. Danach verglichen die Wissenschaftler die Zeugnisse mit der bewerteten Attraktivität. Es stellte sich heraus, dass hübsche Schüler tatsächlich die besseren Noten im Zeugnis stehen hatten.
Natürlich kann man eine Studie mit 77 Schülern nicht auf das gesamte Schulsystem in Deutschland projizieren. Auch spielen andere Merkmale in die Bewertung von Kindern in der Schule mit rein. Migrationshintergrund, Support von den Eltern und andere Faktoren machen eine genaue Analyse fast unmöglich.