Nicht erst seit dem Computerzeitalter träumt die Menschheit davon, eine Abkürzung für das Erlernen neuen Wissens zu finden. Der kühne Traum geht in etwa so: Man legt sich zum Schlafen hin und wenn man erwacht, ist man ein bisschen klüger als zuvor. Neue Sprachen oder Fähigkeiten könnten so in kurzer Zeit erlernt werden und völlig ohne den mühsamen Lernprozess, der sonst damit einhergeht. Im Hollywood-Blockbuster „Matrix“ aus dem Jahr 1999 ergeht es dem Helden des Films Neo genau so. Er lernt innerhalb kürzester Zeit alle asiatischen Kampfsportarten und diverse technische Fähigkeiten ohne anstrengendes Büffeln und Üben. Das neue Wissen wird einfach direkt in sein Gehirn geladen.
Bisher waren solche Ideen nichts als Science-Fiction. Doch nun ist amerikanischen Forschern der erste Schritt dorthin gelungen, wie der britische Telegraph berichtet. Den Wissenschaftlern von HRL Laboratories aus Kalifornien ist es eigenen Angaben zufolge gelungen, Menschen im Schlaf klüger zu machen. Sie haben dazu eine Art Simulator entwickelt, der Informationen direkt ins Gehirn einspeisen kann und somit dabei helfen kann, neues Wissen in deutlich verkürzter Zeit zu erlernen. Das von ihnen entwickelte Gerät stimuliert das Gehirn im niedrigen Frequenzbereich.
Wissen direkt aufs Gehirn übertragen
Das Forschungsteam um Dr. Matthew Phillips bediente sich einer Technologie namens „Transcranial Direct Current Stimulation (tDCS)“, um Lernfähigkeiten und die Speicherung des Wissens zu verbessern. Diese Technologie wurde bereits erfolgreich an Patienten getestet, die an den Folgen eines Schlaganfalls litten. Dabei werden bestimmte Hirnregionen elektrisch stimuliert und dadurch werden die Folgen des Schlaganfalls gelindert. Bei gesunden Patienten konnte mithilfe dieser Methode die Kreativität erhöht werden. Doch bisher wurde noch nie nachgewiesen, dass dadurch auch Lerneffekte verbessert werden können.
„Wir haben die Gehirnaktivitätsmuster von sechs Berufspiloten gemessen und haben diese Muster dann auf Laien übertragen, die gerade dabei waren zu lernen, wie man ein Flugzeug in einem realitätsnahen Simulator fliegt“, so der Forschungsleiter. Und tatsächlich: Die Laien verbesserten ihre Flugfähigkeiten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe signifikant.
Die Forscher fanden heraus, dass die Probanden, denen das Gehirnaktivitätsmuster der Berufspiloten mittels Elektroden am Kopf übertragen wurde, ihre Fähigkeiten im Flugsimulator deutlich verbessern konnten. Dazu untersuchten sie die wirkenden G-Kräfte im Flugsimulator, die eine direkte Folge der Flugmanöver sind, und verglichen sie mit einer Kontrollgruppe, die zuvor nur ein Placebo erhalten hatte. Die verblüffenden Ergebnisse veröffentlichten die Forscher im Februar 2016 in einer Studie im renommierten Wissenschaftsmagazin „Frontiers in Human Neuroscience“.
Dr. Phillips ist davon überzeugt, dass die Technologie auf diesem Gebiet in den nächsten Jahren große Fortschritte machen wird und schließlich auch in Klassenzimmern und Universitätsräumen zum Einsatz kommen könnte, etwa beim Erlernen neuer Sprachen oder motorischer Fähigkeiten wie dem Autofahren, aber auch bei Prüfungsvorbereitungen. Bis zum Erlernen neuer Fähigkeiten in Sekundenschnelle wie im Film „Matrix“ wird es wohl noch eine Weile dauern. Doch die Menschheit ist diesem Traum wieder ein Stück näher gekommen.
