Cradle-to-Cradle (C2C) bedeutet auf Deutsch Wiege zur Wiege. Bei dem Cradle to Cradle Konzept sollen die Materialien und Komponente von einem Produkt unbegrenzt wiederverwendet oder recycelt werden können, um eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu erschaffen. Das Prinzip lässt sich auf simple Produkte, als auch auf komplexe Gegenstände anwenden. Doch wie weit ist die Technik bisher?
Cradle to Cradle einfach erklärt
Cradle-to-Cradle kann definiert werden als die Gestaltung und Herstellung von Produkten in einer Weise, dass sie am Ende ihrer Lebensdauer wirklich recycelt oder upcycelt werden können, wobei der Kreislauf der Natur nachgeahmt wird. Die Natur hat einen natürlichen Kreislauf entwickelt, bei dem Tiere, Pflanzen und auch von Menschen erschaffene Gegenstände mit der Zeit wieder in ihre Bestandteile aufgelöst werden, um wieder als Nährstoffe oder Baumaterial zu dienen.
Beim Cradle-to-Cradle Konzept soll dieses Prinzip nachgeahmt werden, indem alle Bestandteile eines Produkts für ein anderes Produkt verwendet werden können. Die Produkte bestehen entweder aus Materialien, die biologisch abbaubar sind und als Nahrung für biologische Kreisläufe dienen, oder aus technischen Materialien, die in geschlossenen technischen Kreisläufen verbleiben und kontinuierlich als wertvolle Nährstoffe oder Brennstoffe für die Industrie im Umlauf sind. Man könnte argumentieren, dass Cradle-to-Cradle gleichbedeutend mit echter Nachhaltigkeit ist.
Seit 2010 erfährt die Kreislaufwirtschaft zunehmende internationale Aufmerksamkeit. Ihr Hauptziel ist es, die Art und Weise, wie Materialien in unserer Wirtschaft verwendet werden, zu revolutionieren und nichts zu verschwenden. Es geht dabei um möglichst einfache und lokale Kreisläufe, wie z.B. ein Baum, der aus der Erde wächst, die von anderen toten Bäumen geschaffen wurde. Der Baum verwendet lokale Ressourcen, produziert Früchte oder Samen und stirbt dann, um wiederum Nahrung und Boden für andere Organismen zu schaffen (ein Kreislauf).
Cradle to Cradle Beispiel
Menschen können ebenfalls Produkte herstellen, die Teil eines fortlaufenden Kreislaufsystems sind. In diesem Sinne wird C2C manchmal auch als biomimetisch bezeichnet (biologische Prozesse, Strukturen o. Ä. nachahmend). Als einfaches Alltagsbeispiel soll ein Stuhl dienen. Das herkömmliche Cradle-to-Grave-Modell würde die Gewinnung von Erdölprodukten und Metallen aus der Erde und den enormen Energieaufwand für den Transport und die Herstellung eines Stuhls beinhalten, der ein paar Jahre lang benutzt wird, dann kaputtgeht oder nicht mehr gebraucht wird und auf der Mülldeponie landet. Danach muss die Natur einen langwierigen Prozess durchlaufen, um den Stuhl wieder in seine Bestandteile zu verwandeln.
Beim C2C-Modell wird der Stuhl aus Materialien hergestellt, die bereits Teil eines bestehenden Nutzungskreislaufs sind, und am Ende der Lebensdauer werden die Materialien, aus denen er hergestellt wurde, in den Kreislauf zurückgeführt, um für die Herstellung von etwas anderem verwendet zu werden. Das kann ein anderer Stuhl oder eine andere Art von Produkt sein. Nach diesem Prinzip wurden z.B. Bürostühle entwickelt, die bis zu einem gewissen Grad recycelt werden können und erhalten damit ein C2C Zertifikat nach dem Bronze – Silber – Gold Schema. Die Version 4 des Zertifikats gilt seit 1. Juli 2021 und bewertet fünf Kriterien:
- Materialgesundheit
- Kreislauffähigkeit
- Saubere Luft und Klimaschutz
- Verantwortungsvoller Umgang mit Boden und Wasser
- Soziale Gerechtigkeit
Das Cradle to Cradle Products Innovation Institute führt auf ihrer Webseite 995 zertifizierte Produkte auf. Die Produkte reichen von Verpackungen über Textilien zu Möbeln und Pflegeprodukten. Dazu gibt es eine gesonderte Gruppe und entsprechendes Zertifikat für Produkte, deren Chemikalien und Materialien so ausgewählt wurden, dass sie vorrangig dem Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt dienen und sich positiv auf die Qualität der Materialien auswirken, die für die künftige Verwendung und den Kreislaufbetrieb zur Verfügung stehen.
Andreas Schwarz, gelernter Finanzwirt und Versicherungsmakler, gründete die BVSV Gewerbezentren, um mittelständischen Unternehmen maßgeschneiderte Beratungsdienste zu bieten. Für seine innovative Idee wurde er mit dem Innovationspreis der Fachzeitschrift FinanzBusiness ausgezeichnet.
Wie passt Cradle-to-Cradle in eine Kreislaufwirtschaft?
Cradle-to-Cradle wird normalerweise mit dem Designprinzip und der Methodik in Verbindung gebracht, die 2001 von Professor Michael Braungart und William McDonough entwickelt wurde. Cradle-to-Cradle wird auch in der wissenschaftlichen Methode Life Cycle Assessment (Bewertung des Lebenszyklus oder Ökobilanz) angewendet.
Biologischer und technischer Kreislauf
Bei Cradle to Cradle gibt es zwei Arten von Kreisläufen, den biologischen (Biospähre) und den technischen (Technosphäre) Kreislauf. Biologische Kreisläufe sind die endlosen Lebenszyklen von Produkten für den Verbrauch, während technische Kreisläufe den Kreislauf von Dienstleistungsprodukten beschreiben. Jede Art von Produkt tritt in einen immerwährenden Kreislauf ein, wird auf irgendeine Weise wiederverwendet und behält oder erhöht seinen Wert.
In der Biospähre, also dem biologischen Stoffkreislauf, sollen Produkte so gestaltet werden, dass sie der Natur zurückgeführt werden können. Das einfachste Beispiel ist die traditionelle Landwirtschaft. Abfälle der Produkte wurden oftmals wieder in die Produktion zurückgeführt, indem der Dünger der Tiere und Menschen wieder auf die Felder verteilt wurde und Essensabfälle an Tiere verfüttert wird. Es war damals eine Kreislaufwirtschaft, die heute durch Dünger und Maschinen ein weniger geschlossener Kreislauf geworden ist.
MABEWO AG: geschlossener Kreislauf in Landwirtschaft
Technologischer Fortschritt und Kunstdünger führten die Landwirtschaft zu einer höheren Effizienz, aber auch von der Kreislaufwirtschaft weg. Die heutige Landwirtschaft steht vor einer erneuten Transformation durch den Klimawandel und dem Bedürfnis nach mehr Nachhaltigkeit und Effizienz. Das Konzept von Cradle-to-Cradle bietet Chancen in der Landwirtschaft Stoffkreisläufe zu schließen und gleichzeitig Landwirtschaft effektiver, umweltfreundlicher und zukunftsfähig zu gestalten. Technologischer Fortschritt kann die Landwirtschaft wieder zurück in eine Kreislaufwirtschaft führen.
Indoor-Farming
Vertical Farming und andere Indoor Farming Methoden erfordern viele technische Hilfsmittel. Die MABEWO AG hat mehrere Konzepte entwickelt, die sich für eine Kreislaufwirtschaft eignen. Das Schweizer Unternehmen hat geschlossene Indoor Farmen mit Solarzellen entwickelt, um Pflanzen und Pilze an einem beliebigen Ort wachsen zu lassen. So können Kräuter, Salate und Micro Greens z.B. direkt beim Restaurant oder Supermarkt in sogenannten Green Domes produziert werden. Durch das Konzept kann Bio-Qualität das ganze Jahr über produziert werden. Für komplexere Gemüsesorten ist allerdings noch ein wenig Forschung nötig.
Clean-Energy
Das Tochterunternehmen MABEWO BLUE PLANET hat ein innovatives Konzept entwickelt, um saubere Energie zu erzeugen. Das entwickelte, modulare Konzept lässt sich als Energieerzeugung in viele Prozesse einbinden. Der nachhaltige Strom kann durch Wasser, Biogas, Abfall und der Sonne erzeugt werden. Heutzutage benötigen so gut wie alle industriellen Prozesse eine Stromquelle, die mit verschiedenen Modulen geliefert werden kann.
Pharma-Solutions
Ein weiteres Konzept, dass nachhaltig in die Kreislaufwirtschaft integriert werden kann, ist die Pharma-Solutions der MABEWO AG. Besonders mit der Legalisierung von Cannabis werden Indoor Lösungen interessanter, da diese einen zusätzlichen Sicherheitsfaktor für medizinische Produkte bieten. Die modulare Lösung in Containern legt den Fokus auf standardisierte und zertifizierte Prozesse zur Herstellung von pflanzlich hergestellten Arzneistoffen.
Cradle to Cradle in der Landwirtschaft durch technologischen Fortschritt
In den letzten Jahren haben sich Vertikale Farmen in städtischen Gebieten rasch ausgebreitet, um die Widerstandsfähigkeit des Lebensmittelsystems zu unterstützen. In trockenen Regionen steht besonders viel Strom durch Fotovoltaikanlagen zur Verfügung, der Anbau von Pflanzen ist aufgrund der Trockenheit aber schwierig.
Auch hier hat die MABEWO AG das Potenzial erkannt und sich der Produktion von Gerstengras als Tierfutter in vertikalen Farmen angenommen. Gerstengras wird z.B. auch als Forschungsprojekt in der Sahara als Tierfutter für Zeigen getestet. Die Wüstenregionen stellen allerdings eine Herausforderung dar, weil die klassischen Quellen für Dünger in den abgelegenen Regionen nicht so einfach verfügbar sind.
Jörg Trübl, CEO der Mabewo AG berichtet, dass mit der Container-Lösung seiner Firma alle 10 Tage zwei Tonnen Gerstengras zur Verfügung steht. Nach der Testphase soll die Technologie noch in diesem Jahr zur Marktreife kommen. Der technologische Fortschritt ist ein Schritt zum modularen Gesamtkonzept für die Landwirtschaft. So entwickeln auch einige Hobbyforscher Konzepte in der Aquaponik, um einen geschlossenen Kreislauf mit Pflanzenanbau und Fischzucht zu kombinieren. Das Konzept nutzt die Ausscheidungen von den Fischen als Dünger für die Pflanzen, die im Gegenzug wieder das Wasser reinigen und so frischeres Wasser für die Fische liefert.
(TB)