Eine wachsende Zahl chinesischer Unternehmen, die in den USA gelistet sind, wollen dort die Börse verlassen und stattdessen in China an die Börse gehen. Grund dafür ist nicht nur die bessere Kursentwicklung in China, sondern auch eine Lockerung der chinesischen Bestimmungen für einen Börsengang.
Eine wachsende Zahl chinesischer Technologie-Unternehmen verabschiedet sich von Amerika. Sie verzichten auf ein Listing in New York und kehren an heimische Börsen zurück. Dort hoffen sie auf höhere Aktienkurse ihrer Unternehmen. Die chinesischen Aktienmärkte sind zuletzt massiv angestiegen.
Zudem hoffen die chinesischen Technologie-Unternehmen, auf diese Weise juristischen Problemen aus dem Weg zu gehen, wenn die Regierung in Peking offiziell untersagt, dass ausländische Investoren die Kontrollmehrheit an den Unternehmen halten, um so den chinesischen Technologie-Sektor zu schützen.
Eine Abwanderung chinesischer Technologieunternehmen würde die Zeichner an der New Yorker Wall Street um ein profitables Geschäft bringen. Denn im letzten Jahr brachte ihnen etwa der Börsengang des Online-Handel-Giganten Alibaba mehr als 300 Millionen Dollar in Gebühren ein. Dies war mit 25 Milliarden Dollar der größte Börsengang aller Zeiten.
Bessere Kursentwicklung in China
Die Zahlen sind eindeutig. Chinas technologie-lastiger ChiNext Composite Index hat dieses Jahr fast 180 Prozent zugelegt. Das ist deutlich mehr, als der Anstieg um nur 30 Prozent im Nasdaq OMX China Technology Index, der die im Ausland gelisteten chinesischen Firmen verfolgt.
Die am Nasdaq gelisteten chinesischen Firmen haben einen Aktienkurs, der dem Elffachen der Gewinne entspricht. Am ChiNext ist der Aktienkurs 133-mal so hoch wie die Gewinne, also mehr als zehnmal so hoch.
Zwar gibt es Diskussionen um die Genauigkeit der beiden Indices. Doch die chinesischen Manager machen die Unwissenheit in den USA im Hinblick auf China für die niedrigen Aktienkurse in New York verantwortlich.
„Amerikanische Investoren verstehen das Business-Modell chinesischer Spiele-Firmen nicht“, zitiert Reuters einen hochrangigen Manger einer solchen Firma, die sich vom US-Aktienmarkt verabschieden und nach China zurückkehren will. Der Manager zieht es vor, anonym zu bleiben.
Anfang des Jahres sagten die in New York gelisteten Spiele-Firmen Shanda und Perfect World, dass sie von der Börse gehen wollen. Das Online-Dating-Portal Jianyuan.com und der Konzern Wuxi Pharmatech sagten, dass sie über einen Weggang von New York nachdenken.
Analysten erwarten, dass dutzende weitere Unternehmen folgen und dass das Interesse chinesischer Firmen an einem Listing in New York verebbt.
„Die Chancen, Interesse bei US-Investoren zu wecken, sind gering“, sagte Shu Yi, CEO der in Peking ansässigen Firma Limei Technology. Diese hat kürzlich ihre Pläne abgebrochen, in New York an die Börse zu gehen, und plant nun einen Börsengang in Shanghai oder in Shenzhen.
Chinas Regierung verspricht Lockerung der Vorschriften
In der vergangenen Woche forderte Chinas Premier Li Keqiang die chinesischen Unternehmen dazu auf, nach China zurückzukehren, vor allem solche Unternehmen mit „besonderen Besitzstrukturen“. Damit spielt Li auf die vertraglichen Schlupflöcher an, die von vielen chinesischen Unternehmen verwandt werden, um die Bestimmung zu ausländischen Eigentümern zu umgehen.
Unterdessen stellt China die Finanzierung bereit, um die Rückholung zu unterstützen. Die Investment-Bank China Renaissance hat sich mit Citic Securities zusammengetan, um Mittel aufzubringen, mit denen der Abgang finanziert und das neue Listing in China gezeichnet werden soll. Shegjing Management Consulting hat einen Fonds gestartet, der rund 100 chinesische Firmen zurück nach China holen will.
Einst war es sinnvoll, dass chinesische Internet-Firmen in den USA an die Börse gehen. Denn das Interesse chinesischer Investoren an Startups ist ein relativ neuer Trend, wohingegen US-Investoren Internet-Startups über Jahrzehnte mit hohen Aktienkursen belohnten.
Doch wichtiger war die Tatsache, dass die chinesischen Behörden nicht zuließen, dass solche Firmen überhaupt erst an die Börse kommen. Die chinesische Börsenaufsicht verlangte von Unternehmen, dass sie einige Jahre lang profitable sein müssen, bevor sie an die Börse dürfen. Aufgrund dieser Vorschrift konnte kaum ein chinesisches Internet-Unternehmen in China an die Börse.
Doch die Regierung in Peking will aus Shanghai ein globales Finanzzentrum machen, das bis 2020 auf Augenhöhe ist mit London Hongkong und New York. Das ist nur möglich, wenn es Platz schafft für die innovativsten Unternehmen. „Die Hürden zur Rückkehr sind entfernt worden“, sagte China Renaissance in einer E-Mail an Reuters.
Die Profitabilitäts-Anforderungen werden jetzt gelockert. Zudem besteht die Möglichkeit, dass chinesische Unternehmen mit Unternehmen fusionieren, die bereits in China an der Börse sind.
Der chinesische Werbe-Gigant Focus Media hat New York bereits im Jahr 2013 verlassen. In der vergangenen Woche sagte er, dass er in China an die Börse gehen wird, mithilfe einer Fusion mit dem Gummi-Produzenten Jiangsu Hongda. Analysten betrachten diese Fusion als Vorbild für andere Heimkehrer.
Selbst wenn die Aktien-Hausse sich abkühlt, wird die Abkehr von New York voraussichtlich andauern, da Peking ein entscheidendes juristisches Schlupfloch geschlossen hat. Denn Chinesisches Recht verbietet Auslandsinvestitionen in heimische Internetfirmen.
Bisher umgehen Investoren dieses Verbot, indem sie in spezielle Gebilde investieren, welche die Internetfirmen wie Alibaba geschaffen haben. US-Gerichte erkennen diese Investitionen als Besitz am Unternehmen an.
Nun überarbeiten die chinesischen Aufsichtsbehörden die Gesetze im Hinblick auf ausländische Investitionen. Ein von der chinesischen Regierung veröffentlichter Entwurf verbietet ausdrücklich die „effektive Kontrolle“ durch Ausländer an einem chinesischen Unternehmen in den betroffenen Sektoren.