Wie Aquakultur gesunden Fisch erschwinglich macht

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Allein im griechischen Mittelmeer gibt es heute knapp 8.000 schwimmende Fischfarmen. Diese produzieren Fische mit einem hohen Anteil gesunder Omega-3-Fettsäuren. Zuchtfische aus Aquakultur kosten nur etwa ein Drittel im Vergleich zum Wildfisch.

Aquakultur gesunder Fisch
Allein in Griechenland wie hier vor der Küste von Chios gibt es heute 7.000 bis 8.000 schwimmende Fischkäfige. (Screenshot: WDR)

Große Teile der Ozeane und auch das Mittelmeer sind aufgrund des Versagens der Politik massiv überfischt. Eine Alternative zum Fischfang in der Natur ist die Aquakultur. Dabei produzieren riesige schwimmende Fischfarmen Unmengen an Zuchtfisch. Inzwischen stammen 90 Prozent des Mittelmeerfischs aus der industriellen Fischzucht.

Der griechische Fischproduzent Nireus Aquaculture ist nach eigenen Angaben einer der Weltmarktführer in dieser noch jungen und stark wachsenden Industrie. Das Unternehmen beliefert aus seinen Fischfarmen im Mittelmeer unter anderem Italien, die Niederlande und Deutschland.

Der Meeresbiologe und Ökonom Leonidas Papacharisis kontrolliert bei Nireus Aquaculture die gesamte Produktionskette. „Die Aquakultur ist eine Sache, die wir ständig weiterentwickeln müssen“, sagte er gegenüber dem WDR. Denn es müssten immer mehr Menschen ernährt werden.

Aquakultur Leonidas Papacharisis Nireus Aquaculture
Der Meeresbiologe Leonidas Papacharisis entwickelt bei Nireus Aquaculture die Fischzucht weiter. (Screenshot: WDR)

„Uns helfen die Erfahrung der Schweinezucht“

Die Algenproduktion ist der Anfang in der industriellen Fischzucht bei Nireus. Denn Algen sind die erste Nahrung des Fischlaichs. Wenn hier Fehler passieren, etwa durch eine Verschmutzung der Algen, so ist möglicherweise eine ganze Fischgeneration gefährdet.

Später brauchen die Jungfische dann Plankton, das Nireus ebenfalls selbst herstellt. Nach gut dreißig Tagen sind die Doraden 3 bis 4 Zentimeter lang und bereit für das Meer. Nach 18 Monaten Wachstum können die Fische verkauft werden. Nach der „Ernte“ wird der Fisch gekühlt, verpackt und innerhalb von drei bis vier Tagen versandt.

„Uns helfen die Erfahrungen aus der Aufzucht von Schweinen oder Geflügel“, sagt Leonidas Papacharisis. „Wir können das Wachstum beeinflussen, indem wir genau die Bruttiere auswählen, die am schnellsten wachsen.“

Asien ist führend in der industriellen Aquakultur. Doch auch an den Küsten des Mittelmeers reiht eine Fischfarm an die andere. Führend sind Griechenland und die Türkei. In Griechenland gibt es heute 7.000 bis 8.000 schwimmende Fischkäfige. Allein Nireus verkauft 1,5 Millionen Fische pro Woche.

Auswirkungen von Aquakultur auf die Umwelt

Die Aquakultur ist noch eine sehr junge Industrie und hat sich im Verlauf der letzten zehn Jahre stark weiterentwickelt. „Wir haben unsere Produktion verändert, wir arbeiten nachhaltiger als früher“, sagt der Meeresbiologe Leonidas Papacharisis.

Aus den Netzen der Fischfarmen gelangen Futterreste und Fischkot ins Meer. Offenbar verursachen auch normale Fische in der freien Natur Ausscheidungen und Futterreste. Bei der industriellen Aquakultur muss man aber beachten, dass sich nicht zu viele dieser organischen Stoffe an einer Stelle konzentrieren. Dies könnte den Meeresboden überdüngen.

Aquakultur Verschmutzung
Nireus will die Verunreinigungen durch mehr als 200.000 Fische pro Käfig möglichst gering halten. (Screenshot: WDR)

Ernährung und Qualität der Fische

Das Futter hat je nach Haltungssystem einen Anteil rund 30 bis 60 Prozent an den Kosten der Fischproduktion in der Aquakultur. Derzeit ist Fischöl mehr als doppelt so teuer wie Sojaöl, sagt Ulfert Focken vom Thünen-Institut.

Wenn der Fischfarmer das billigere Sojaöl verfüttert, dann spart er zwar viel Geld. Doch er ändert damit auch die Qualität seines Fischs. Mit einem hohen Anteil an Fischöl im Futter erhöht sich der Anteil an Omega-3-Fettsäuren. Das macht den Fisch besonders gesund. Nireus stellt das Futter für seine Fische selbst her.

„Wir züchten fleischfressende Fischsorten“, sagt Leonidas Papacharisis. Ihre natürliche Ernährung hänge hauptsächlich von Tieren und von Tierprotein ab. Doch man könne den Fischen nicht nur Fischmehl geben, das aus getrockneten und gemahlenen Fischen oder Teilen von Fischen besteht. Das wäre sehr teuer.

Um den Kunden einen erschwinglichen Fisch anbieten zu können, enthält das Futter einen pflanzlichen Anteil von zwei Dritteln, etwa Sojamehl. Dennoch macht das Futter bei Nireus Aquaculture einen Kostenanteil von fast 60 Prozent aus.

Die gesunden Omega-3-Fettsäuren

Ein Kilo Zuchtdorade braucht zwei Kilo Wildfisch im Futter. Dabei handelt es sich um billige Wildfischsorten, die reichhaltig vorhanden sind und von Menschen kaum gegessen werden. Zur Produktion von Fischmehr werden jährlich 30 Millionen Tonnen Fisch aus den Weltmeeren geholt.

Dennoch ist Fischmehr teuer und Nireus sucht ständig nach günstigeren Alternativen, ohne dass der Anteil der gesunden Inhaltsstoffe wie Omega-3-Fettsäuren zurückgeht. Das griechische Unternehmen prüft den Anteil der Omega-3-Fettsäuren sowohl im Futter als auch im Endprodukt.

„Wenn es nötig ist, nehmen wir Veränderungen vor“, sagt Leonidas Papacharisis. „Aber um die Wahrheit zu sagen, der Omega-3-Gehalt unseres Fischs ist deutlich höher als beim Wildfisch, weil der Fettgehalt unseres Fischs höher ist.“

Die gesundheitsfördernden Omega-3-Fettsäuren im Fisch sind den Kunden sehr wichtig. Denn sie sollen vor allem dabei helfen, Volkskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Krankheiten vorzubeugen.

Das TeLA-Labor hat die Inhaltsstoffe der Zuchtfische von Nireus mit denen von Wildfischen verglichen. Weder die Zuchtfische noch die Wildfische enthielten Antibiotika. Auch die Grenzwerte von Blei und Quecksilber liegen deutlich unter den Grenzwerten.

Und tatsächlich haben die Zuchtfische von Nireus zwei- bis dreimal so viele Omega-3-Fettsäuren wie die Wildfische. Allerdings weisen die Zuchtfische auch doppelt so viele Omega-6-Fettsäuren auf, die wir etwa mit dem Brot, Salatöle oder Fleisch schon mehr als genug aufnehmen. Zu viel davon sollte nicht zu sich nehmen.

Aquakultur Metro Seeteufel Harald Smeets
Harald Smeets im Kühllager des Metro-Konzerns hält einen Seeteufel. Dieser stammt allerdings nicht aus Aquakultur. (Screenshot: WDR)

Die Nachfrage nach Fisch wächst

Vor allem in großen Ländern wie China wächst die Nachfrage nach dem gesunden Fisch. Der Handelskonzern Metro ist der größte Fischhändler Europas. Auch er spürt die wachsende Nachfrage nach Fisch. In der Nähe des Frankfurter Flughafens hat der Konzern Europas größtes Drehkreuz für Fisch und Meerestiere aus aller Welt errichtet.

Mehr als 15.000 Tausend Tonnen kauft der Handelskonzern Metro pro Jahr, darunter 110 verschiedene Sorten. Der Großteil des Fischs stammt aus der Zucht. Der Anteil der Aquakultur liege derzeit bei mehr als 70 Prozent, vor allem Lachs, aber auch Wolfsbarsch, Dorade und Forelle, sagt Harald Smeets von Metro.

„Aquakultur ist planbar. Sie wissen schon jetzt, was in zwei Jahren aus dem Wasser kommt. Im Vergleich zum Wildfisch aus einer kleinerer Fischerei: Wenn es morgen stürmt auf dem Meer, dann fährt der Fischer nicht raus und dann haben wir auch keinen Fisch verfügbar.“

Die Aquakultur ermöglicht es, dass man den Fisch zu jeder Zeit frisch verfügbar hat. Metro erwartet für die nächsten Jahre einen Anstieg der Produktion. Echter Wildfisch ist selten geworden. Denn er ist viel teurer als Zuchtfisch. Der gleiche Fisch ist als Wildfang heute etwa dreimal so teuer wie Aquakultur.