Die Batterien von Elektroautos funktionieren in der Kälte nicht so gut und verlieren daher spürbar an Reichweite, wenn die Idealtemperatur von 20 Grad Celsius unterschritten wird.
Elektroautos verlieren Reichweite im Winter
Das Problem der Selbstentladung von Batterien haben viele wahrscheinlich schon abseits von Elektroautos beobachtet. Benutzt man ein Gerät mit Batterien über längere Zeit nicht, tritt eine spürbare Selbstentladung ein. Die Selbstentladung hängt von der Temperatur ab und beträgt normalerweise um die 4 Prozent pro Monat. Der Effekt ist aber im Sommer stärker als im Winter. Der Grund für die geringere Reichweite im Winter ist ein anderer.
Die Lithium-Ionen-Akkus von modernen Elektroautos werden mithilfe einer Batterie-/Akkuheizung auf ausreichende Temperatur geheizt, um den Verlust von Reichweite zu reduzieren. Die E-Auto Akkus sind wie bei anderen Geräten (z.B. Handys) sehr temperaturempfindlich und verlieren an Kapazität und Leistung, da die optimale Batterieleistung bei Temperaturen zwischen 16 und 26 Grad Celsius liegt. Die Elektrolytflüssigkeit in den Batterien wird bei kälterer Temperatur dickflüssiger und leitet den Strom schlechter, weshalb die Spannung innerhalb der Batterien/Akkus fällt.
Um den kalten Temperaturen entgegenzuwirken und den höheren Widerstand der kalten Batterie zu überwinden, erhöht sich die Stromstärke der Batterien/Akkus. Dies wiederum führt zu einer schnelleren Batterieentladung. Außerdem kann sich die Nachladezeit verlängern und die allgemeine Batteriekapazität sinken. Bei neuartigen Modellen der Elektroautos sind diese Auswirkungen jedoch geringer, da sie meist über ein geeignetes Wärmesystem für die Batterie verfügen. Im Schnitt verbrauchen Elektroautos 20-30 Prozent mehr im Winter, auf Kurzstrecken kann die Reichweite sogar um 50% geringer sein, da mehr Energie für das aufheizen verwendet wird.
Elektroautos verlieren Reichweite im Winter durch Heizung
Ein Vorteil von Elektroautos gegenüber Verbrenner-PKWs ist, dass die Heizung sofort warme Luft für den Innenraum liefert, während beim Verbrenner erst warme Luft ankommt, wenn der Motor das Wasserkreislauf aufgewärmt hat. Daher verfügen die meisten E-Auto Modelle auch über eine ferngesteuerte Heizung. Der ADAC hat in einem Test verschiedene Autos in einer -10°C kalten Kammer gestellt und getestet wie viel Leistung für das aufheizen auf 20°C benötigt wird.
Im Test haben es 4 Autos, BMW iX (12,5 min), VW ID.3 (24,5 min), Hyundai Kona (25,5 min) und Fiat 500e (>30 min) innerhalb von 30 Minuten geschafft, den Innenraum aufzuheizen. Die 3 anderen Testautos haben es auch nach 40 Minuten nicht geschafft, die Zieltemperatur von 20°C zu erreichen. Der Renault Zoe (14 °C), der VW e–Up (10 °C) und das Tesla Model Y (15 °C) haben bei der Ausstattung und Wärmedämmung der Elektroautos zu sehr gespart. Die 3 letzten Modelle sind auch am schnellsten wieder ausgekühlt, während der BMW der klare Gewinner beim Test der Innenraumtemperatur ist.
Die verbrauchte Heizleistung im Test über bis zu 40 Minuten lag höchstens bei 2,3 kWh, was höchstens 3% der Akkuleistung entspricht. Falls man also mit einem Elektroauto länger in einem Stau oder Schneesturm gerät, reicht die Akkuleistung im Notfall aus, um auf Hilfe zu warten.
Daten über die Reichweite von 7.000 Elektroautos im Winter
Das amerikanische Unternehmen Recurrent hat eine Studie über den Verlust der Reichweite im Winter bei dreizehn beliebten E-Fahrzeugmodellen erstellt. Recurrent bietet eine kostenlose Batterieüberwachung an, sodass allein in den USA die Daten von über 10.000 E-Fahrzeugbesitzern gesammelt werden konnte. Jede Fahrzeugbatterie wird mehrmals täglich über die bordeigene Telematik überprüft (natürlich mit Erlaubnis des Fahrers).
Anhand dieser Batteriedaten über Wochen und Monate hinweg kann Recurrent Rückschlüsse auf die aktuelle Reichweite eines einzelnen Fahrzeugs ziehen, wie sich diese Reichweite unter verschiedenen Bedingungen verändert und wie sie im Vergleich zu Hunderten oder Tausenden ähnlicher Fahrzeuge aussieht. Das Ergebnis liefert nachweisbare Verluste der Reichweite von Elektroautos für Temperaturen zwischen 21°C (ca. 70℉) und –6°C bis -1°C (20-30℉).
Für einige der beliebtesten Modelle gibt es noch nicht genug Daten, daher werden die Werte mit gestrichelten Balken für den angegebenen Temperaturbereich nur geschätzt. Unter den bestätigten Daten ist der Tesla Model X und Model Y der Gewinner mit 15 weniger Reichweite im Winter. Bei den geschätzten Werten liegt der Jaguar I-Pace mit nur 3 Prozent weniger Reichweite im Winter an der Spitze, gefolgt vom Audi e-tron mit 8 Prozent weniger Reichweite im Winter. Die Studie bezieht Daten von 7.000 Fahrzeugen und mehr als 35.000 einzelnen Datenpunkten ein.
Ist der Jaguar I-Pace das beste Elektroauto für den Winter?
Der Jaguar I-Pace verwendet laut der Studie eine Wärmepumpe zusammen mit einem ausgeklügelten Wärmeleitsystem, das die Abwärme des Motors nutzt, um bei Bedarf die Batterie oder den Innenraum zu erwärmen und so die Reichweite zu erhalten. Tesla verwendet erst seit 2021 serienmäßig eine Wärmepumpen im Model 3, einen Retter bei kaltem Wetter. Inwieweit diese Besonderheit und andere Feinheiten bei den anderen Modellen beachtet wurde, geht nicht eindeutig aus den Angaben von Recurrent hervor.
Sollte also jeder im eisigen Norden losrennen und diesen Jaguar kaufen? Noch nicht ganz. Laut einer umfassenden Studie des Norwegischen Automobilverbands aus dem Jahr 2021 verringerte sich die Reichweite des Jaguar I-Pace um 24 %, wenn er bei Temperaturen zwischen –6 bis 3°C in verschneitem Wetter gefahren wurde. Mit dem 21%igen Unterschied zwischen den Studien sieht es ganz danach aus, dass Elektroautos eine völlig andere Denkweise erfordern als Verbrenner Autos. Es kommt darauf an, wie man fährt, wie man auflädt, und es kommt auf die spezifischen Eigenschaften des Fahrzeugs an.
Für die Zukunft gibt es viele interessante Entwicklungen wie zum Beispiel den Vision EQXX von Mercedes-Benz, der mit einer einzigen Batterieladung 1200km schaffen soll. Damit übertrifft das Leichtbau Elektroauto die meisten Verbrenner Motoren mit Leichtigkeit, sodass die Diskussionen um Verbrauch im Winter und Ladesäulen unwichtiger wird. Innovative Ideen wie eine Batterie aus Atmomüll könnte für Elektroautos interessant werden.
(TB)