Was wollte Unister-Chef Thomas Wagner in Venedig?

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Unister-Chef Thomas Wagner verunglückte auf dem Weg von Venedig nach Leipzig tödlich beim Absturz seiner Privatmaschine. Wenige Tage darauf meldete Unister Insolvenz an. (Bild: Screenshot YouTube)
Unister-Chef Thomas Wagner verunglückte auf dem Weg von Venedig nach Leipzig tödlich beim Absturz seiner Privatmaschine. Wenige Tage darauf meldete Unister Insolvenz an. (Bild: Screenshot YouTube)

Der Internet-Riese Unister ist pleite. Das Unternehmen, das Reiseportale wie „ab-in-den-urlaub.de“ und „fluege.de“ vermarktet und betreibt, meldete Anfang der Woche beim Amtsgericht Leipzig Insolvenz an. Nur wenige Tage zuvor verunglückte Unister-Gründer Thomas Wagner tödlich bei einem Flugzeugabsturz. Der 38-Jährige war in einem Kleinflugzeug der Marke Piper 32 von Venedig auf dem Rückweg nach Leipzig, als sein Flugzeug aus bisher unerklärlichen Gründen über Slowenien abstürzte.

Was wollte Thomas Wagner in Venedig?

Die Unister-Holding steckte seit geraumer Zeit in finanziellen Schwierigkeiten. Schon im Jahr 2012 begab das Leipziger Unternehmen über seine Tochtergesellschaft Travel24.com AG eine Mittelstandsanleihe  begeben und so 20 Millionen Euro eingenommen. Ursprünglich sollte mit dem Geld eine Hotelkette aufgebaut werden, doch aus den Bilanzen ging stattdessen hervor, dass die Travel24.com AG das Geld als Kredit an Unister-Holding weiterreichte.

Zuletzt fand eine interne Untersuchung der Mittelverwendung des Online-Reisebüros im Zusammenhang mit der 2012 begebenen Anleihe statt. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG soll die Geldflüsse erforscht haben, und ein Kapitalmarktexperte und ein Strafrechtsprofessor von der Justus-Liebig-Universität Gießen den Wertpapierprospekt überprüft haben. Der Strafrechtler kam dann zu dem Schluss, es lägen Anhaltspunkte für einen Kapitalanlagebetrug vor.

Im Dezember des letzten Jahres erwarb Unister dann die börsennotierte Mantelgesellschaft Capital One, eine Gesellschaft ohne jede operative Tätigkeit. Die Firma wurde vom Unister-Vorstand ermächtigt, Options- und Wandelschuldverschreibungen im Umfang von 25 Millionen Euro zu begeben. Scheinbar wollte der Unister-Vorstand den finanziellen Ruin durch eine weitere Kapitalspritze verhindern. Zur Umsetzung dieses Vorhabens kam es jedoch nicht mehr.

Stattdessen machte sich Unister-Gründer und Manager Thomas Wagner auf seiner verzweifelten Suche nach Kapital auf den Weg nach Italien, wie Manager Magazin berichtet. Wagner wandte sich an den ehemaligen Banker K. und den Finanzvermittler B. aus dem Sauerland, die wiederum über den Mittelsmann Sch. aus Unna Kontakt zu einem venezianischen Geschäftsmann herstellten. Der mysteriöse Venezianer „Signore V.“, der sein Geld angeblich mit Juwelenhandel und Kreditgeschäft verdiente, sollte Wagner mit einem hohen Barkredit aushelfen.

Wurde Thomas Wagner Opfer eines Betrugs?

Das Manager Magazin zitiert aus einer ihm vorliegenden Email, die darauf hindeutet, dass Wagner für einen Kreditgeschäft nach Italien flog. Im Anhang der Mail soll sich das Muster eines Kreditvertrags befinden. Und in dem heißt es unter Paragraf 10: „Der Darlehensgeber erhält als Sicherheit x % der Darlehenssumme in Bar bei Vertragsunterzeichnung.“

Angeblich soll Thomas Wagner mit seinem Mitgesellschafter Oliver Schilling sowie dem Finanzvermittler B. aus dem Sauerland nach Venedig geflogen sein. Der Ex-Banker K. machte sich indes mit dem Auto auf den Weg nach Italien. Mit im Gepäck hatte der Unister-Chef einen Koffer mit einer Million Euro Bargeld, das er als Anzahlung für einen in Franken denominierten Kredit hinterlegen sollte.

In einer Hotellobby kam es zum Treffen zwischen Wagner, Schilling und dem Ex-Banker K. auf der einen und dem mysteriösen venezianischen Geschäftsmann V. auf der anderen Seite. Dort wurde der Koffer mit dem Bargeld übergeben. Im Gegenzug soll Wagner einen Koffer mit dem angeblichen Barkredit erhalten haben. Man verabredete sich später in einer ortsansässigen Bank, um den Barkredit auf ein Bankkonto einzuzahlen.

Indizien sprechen für einen Vorauszahlungsbetrug

Doch „Signore V.“ erschien nicht zur Verabredung und die Bank hatte geschlossen. Als Wagner und Schilling schließlich den Inhalt des Koffers überprüften, stellten sie fest, dass nur die oberen Geldscheine echt waren, der Rest war Falschgeld. Die beiden erstatteten umgehend Anzeige in einer nahe gelegenen Polizeistation. Soweit der unbestätigte Tathergang. Doch hat der Manager eines der größten Internetfirmen Deutschlands sich wirklich bei einem Vorauszahlungsbetrug („Rip Deal“) einen Koffer voller Blüten unterjubeln lassen?

Dafür spricht ein Bericht des MDR-Magazins „Exakt“. Dieser zitiert einen Sprecher der Kriminalpolizei von Nova Gorica, einer slowenischer Stadt nahe der Absturzstelle, mit den Worten: „Wir haben italienische Dokumente gefunden, die besagen, dass Wagner Opfer eines Betrugs geworden ist, bei dem es um extrem hohe Summen ging.“ Bei den Dokumenten könnte es sich um eine Kopie der Anzeige handeln, die der Unister-Chef in Venedig stellte. Außerdem teilte slowenische Behörden auf dpa-Anfrage mit, dass an der Unglücksstelle rund 10.000 Franken entdeckt worden seien. Dabei könnte es sich um die echten Banknoten handeln.

Die Absturzursache ist noch unklar. Der 73-jährige Pilot hatte zuvor Vereisungsprobleme gemeldet, wenig später kam schon der Notruf „Mayday, Mayday, Mayday“. Als die Rettungskräfte am Unglücksort eintrafen, fanden sie nur noch das ausgebrannte Wrack der Maschine. Bei dem Flugzeugabsturz kamen neben Thomas Wagner auch der 39-jähriger Mitgesellschafter Oliver Schilling, der 65-jährige Finanzvermittler B. aus dem Sauerland und der Pilot ums Leben.

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  1. Unister: Finanzmakler wegen RIP-Deal in U-Haft
    Erste Verhaftung in Sachen RIP-Deal bei Unister: Der 68-jährige Finanzmakler Wilfried Schwätter sitzt wegen Beihilfe zum Betrug in besonders schwerem Fall und Fluchtgefahr in Untersuchungshaft.

    Unister

    In Sachen Kreditbetrug bei Unister sitzt der erste Verdächtige jetzt in Untersuchungshaft. Wie die Generalstaatsanwaltschaft Dresden gegenüber der „Bild am Sonntag“ bestätigte, soll der 68-jährige Wilfried Schwätter Unister-Gründer Thomas Wagner den Kontakt zu dem vermeintlichen israelischen Diamantenhändler Levi Vass hergestellt und sich zudem für diesen verbürgt haben.

    Entsprechende Unterlagen beschlagnahmten die Ermittler in Schwätters Haus im nordrhein-westfälischen Unna. Der Vorwurf der Generalstaatsanwaltschaft lautet Beihilfe zum Betrug in besonders schwerem Fall und Fluchtgefahr.

    Weitere dubiose Methoden

    Darüber hinaus berichtet die „BamS“ über weitere dubiose Geldbeschaffungsmethoden des Unternehmens. Demnach soll die Unister Travel einen Kooperationsvertrag mit Flightright abgeschlossen haben, wonach Flightright im Auftrag von Unister eine „Überprüfung von Flugbuchungsdaten der Kunden auf potenzielle Entschädigungsansprüche“ vornehme. Laut Vertrag vom 27. Dezember 2014 garantierte Unister eine Vermittlung von mindestens 5.000 Fällen bis Ende 2017. Dafür kassierte das Online-Reisebüro einen Vorschuss von 150.000 Euro. Darüber hinaus wollte Unister Travel 53 Prozent der Erfolgsprovision kassieren, die Flightright bei den Fluggästen in Rechnung stellt. Laut „BamS“ äußerte sich das Unternehmen bislang nicht zu den neuen Vorwürfen. Die Lufthansa allerdings kündigte an, den Vorgang rechtlich überprüfen zu wollen.
    Am heutigen Montag, den 15. August, können Interessenten nach Abgabe einer Verschwiegenheitserklärung in einem Datenraum Einblick in die Unister-Unterlagen nehmen. Der Verkauf soll zwischen 90 und 130 Millionen Euro einspielen. Der Löwenanteil wird Erwartungen zufolge auf Ab-in-den-Urlaub.de (40 bis 50 Millionen Euro) und Fluege.de (30 bis 40 Millionen Euro) einspielen.

    Unister-Gründer Thomas Wagner versuchte Mitte Juli, in Venedig mit einem Zwölf-Millionen-Euro-Kredit akute Finanzierungslöcher zu stopfen. Dabei fiel er allerdings auf einen Betrüger herein. Auf dem Heimflug stürzte das Privatflugzeug ab. Alle Insassen kamen ums Leben.

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